
Perspectives of Transformation
Guadalupe Aldrete
Paula Flores
Sofia Cruz Rocha
curated by Marcello Frarbegoli and Ute Burkhardt-Bodenwinkler
Eröffnung: Donnerstag, 16 September 2021, 18:30
Zeitraum: 17 September - 30 September 2021
Die mexikanischen Künstlerinnen Guadalupe Aldrete, Sofia Cruz Rocha und Paula Flores laden mit ihrer Ausstellung „In search oft he lost unity" in eine Höhle.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fielen die Entdeckung der prähistorischen Höhlenmalerei und die Geburt der modernen Kunst zusammen. Die Vorgeschichte dient als Inspirationsquelle für die Moderne und führt zu einer Revolution der Kunst. Die Erforschung der Vergangenheit dient nicht nur der Selbstvergewisserung über die eigene Herkunft, sondern bietet auch die Möglichkeit, sich selbst durch zeitliche Transformationen fremd zu werden. Mit dem Beginn des Industriezeitalters haben Archäologie, Geologie und andere Disziplinen die tiefe Vergangenheit exhumiert und eine Vision alter sozialer und künstlerischer Strukturen als anonym, hermetisch, wenig variabel, ja geradezu statisch etabliert. Es besteht eine ausgeprägte Spannung, ja sogar ein Widerspruch zwischen diesen großen Blöcken der Vergangenheit und dem schnellen Tempo und Fluss der modernen Zeit.
Diese fernen Vorfahren sind faszinierend, die Malereien sind perfekt und dienen überall auf der Welt dazu, heilige Orte zu markieren. Versammlungsorte, religiöse Rituale und als Mittel der Kommunikation. Ein Beispiel dafür sind die Großen Wandmalereien. Diese befinden sich im Zentrum von Baja California und stammen aus der Zeit vor etwa 7500 Jahren. Die Wandmalerei ist auch heute noch eine wichtige künstlerische Kommunikationsform in Mexiko.
Einerseits sind es heilige Orte, andererseits bedeuten sie auch einen niedrigschwelligen Zugang zur Kunst. Diese Ausstellung ist eine Einladung der Künstler an die Gesellschaft, ihrer Suche nach der verlorenen Einheit zu folgen. Natürlich bedeutet die zeitgenössische künstlerische Arbeit eine Verwandlung, eine Irritation, eine Störung und vielleicht sogar eine Überschreitung bisheriger Grenzen, aber es geht auch und vor allem um eine lustvolle Überwindung.
Der zweite Aspekt der Ausstellung:
Wir kommen langsam aus einer unvorstellbaren Zeit, in der die menschliche Berührung, diese im menschlichen Verhalten so tief verwurzelte Form der Verbindung, verboten war. Dabei sind es gerade die Berührungen, durch die wir die Welt, ihre himmlischen Energien und einander auf zellulärer Ebene erfahren und uns mit ihnen verbinden. Die Auswirkungen auf unsere kollektive geistige Gesundheit waren, gelinde gesagt, sehr belastend. Es ist kein Zufall, dass in dieser Zeit das Interesse an taktilen Formen der Herstellung wieder auflebt. Kunst und Handwerk werden seit langem für ihre heilenden Eigenschaften gepriesen, die in der Natur des Herstellungsprozesses liegen. Nie war die Bedeutung dieser sinnlichen Erfahrung deutlicher als heute.
Oberflächlich betrachtet bieten die Werke in dieser Ausstellung eine unmittelbare sensorische Verbindung, aber ihre vielschichtige Materialität birgt andere, metaphysische Geschichten. Die Künstler in dieser Ausstellung zeigen, dass sie die Materialien, aus denen sie eine komplexe neue Sprache formen, beherrschen. In ihrem Zusammenspiel erzählt uns diese Ausstellung eine eigene Geschichte. Zum einen ist es das Material als Vehikel, mit dem das Prähistorische neu gedacht wird, zum anderen ist es die schiere Freude, in alten Formen der Zeichengebung eine neue Freiheit zu finden.
Die hier gezeigte Haptik gibt uns ein Gefühl dafür, wie der Tastsinn zu einem Kernelement in der Erkundung von Identität und Selbst durch die drei Künstlerinnen wird.